Mosambik: Anti-Wilderei-Profis jagen Islamisten

Was weder Mosambiks Armee noch russischen Söldnern gelang, sollen in Nord-Mosambik jetzt Anti-Wilderei-Spezialisten der «Dyck Advisory Group» richten: Die Neutralisierung von Terroristen, die sich als Islamisten ausgeben und schon zahlreiche Menschen umgebracht haben.

Seit 2017 herrscht in der rohstoffreichen Provinz Cabo Delgado ein Buschkrieg, der Menschenleben fordert, Dörfer zerstört und das Wild im Nationalpark Quirimbas dezimiert. Unterstützt werden die Killer auch von Gesinnungsgenossen vom anderen Ufer des Rovuma-Grenzflusses – aus Tansania: Ein weiteres Beispiel, wie ein afrikanisches Schutzgebiet militarisiert werden muss.

Von Rolf D. Baldus*

10. Mai 2020 - Das Wüten islamistischer Gotteskrieger seit 2017 in der überwiegend muslimischen Cabo Delgado-Provinz im Nordosten Mosambiks an der Grenze zu Tansania ist kaum bekannt. Die wichtigste Terrorgruppe nennt sich «Ansar al-Sunna» und hat Kontakte zu anderen Militanten in Somalia, im Irak und in Ostafrika.

Sie will einen islamischen Staat einrichten und kämpft gegen die Regierung

Ortschaften wurden besetzt und sogar der Seehafen Mocimboa da Praia und die Kreisstadt Quissanga angegriffen und vorübergehend besetzt. 600 Tote sollen inzwischen auf das Konto dieses Ablegers des «Islamischen Staats (IS)» gehen.

Grenzfluss Rovuma: Wildes Wasser trennt Tansania von Mosambik | © Foto Gian Schachenmann

Terror finanziert mit Elfenbein, Holz und Heroin

Wie andernorts auch wird der «wahre Islam» mit Enthauptungen durchgesetzt. Neuerdings verteilt man aber auch Geld und geplünderte Lebensmittel. Die Islamisten finanzieren sich laut Kennern durch den Handel mit Elfenbein, Holz und Rubinen. Dazu kommt der Verkauf von Heroin nach Europa oder Südafrika, wie die Global Initiative Against Transnational Organised Crime festhält.

Die weit verbreitete Armut und Arbeitslosigkeit in der an Rohstoffen reichen Cabo Delgado-Provinz treiben Jugendliche in die Fänge der Islamisten.

Nordprovinz Mosambiks: Grenze zur Tansania ist der Rovuma-Fluss | © Sceenshot Google, Moskow Times

Russische Söldner den Islamisten nicht gewachsen

Das mosambikanische Militär war bei der Bekämpfung der Extremisten nicht sonderlich erfolgreich. Zwar ist die Armee selbst aus einer Guerillabewegung hervorgegangen. Ineffektiv, unorganisiert und korrupt sind die Soldaten aber nicht in der Lage, einen Guerillakrieg erfolgreich zu führen.

Im Wesentlichen wurden Stützpunkte der Terroristen aus der Luft angegriffen. Angeblich gab es viele Tote. Die Regierung rief im vergangenen Jahr offenbar 200 russische Söldner ins Land. Es handelte sich um die «Gruppe Wagner», eine russische Militär- und Sicherheitsfirma mit Kontakten zu Präsident Wladimir Putin.

Islamisten-Ziel Nashorn: Wilderei füllt die Terroristen-Kassen | © Foto Gian Schachenmann

Oberst Lionel Dyck - ein Draufgänger «wie Donnerhall»

In Nacala soll man einen Antonov Mi17-Helikopter ausgeladen haben. Es kam zu Gefechten. Sieben Russen, die im Monat wohl um die 4'000 Dollar verdienen, fielen. Einige wurden geköpft, zahlreiche verwundet. Ende des Jahres, nach anderen Quellen erst im März, war dann Schluss. Die Russen mit ihren Erfahrungen aus der Krim und aus Syrien scheiterten an Afrika.

Nun sollen es südafrikanische Wilderei-Spezialisten richten. Offenbar ist jetzt die Sicherheitsfirma des ehemaligen rhodesischen Offiziers Lionel Dyck im Einsatz. Der Oberst mit 26 Jahren Militärerfahrung hat einen Ruf wie Donnerhall in Sicherheitskreisen im südlichen Afrika.

Erfolgsmeldung über Antiwildereieinheit: Zimbabwe Voice | © Screenshot

Anti-Wilderei-Spezialisten greifen ein

Das seit einem Helikopterabsturz ziemlich lädierte Raubein betreibt Sicherheitsfirmen, die Landminen räumen, Regierungen im Kampf gegen Rebellen halfen, Minen bewachen und vor allem auch Spezialisten für Wildereibekämpfung entsenden.

Dycks Rambos gelten als effektiv. Sie schützen Nashörner auf privaten Farmen, jagen Elefantenwilderer mit Hubschraubern und sind für die Sicherheit im Limpopo-Nationalpark mit zuständig. Die mit Schweizer Beteiligung mitgegründete «Peace Parks Foundation», die zahlreiche grenzüberschreitende Parks im südlichen Afrika unterstützt und managt, hat einen Vertrag mit der Dyck Advisory Group (DAG).

Schnell und effizient: DAG-Helikoptereinsatz mit Spürhund | © Foto by Dyck Advisory Group (DAG )

«Gold-Standard in der Wildereibekämpfung»

«Wir präsentieren den Gold-Standard in der Wildereibekämpfung“, heisst es in der Eigenwerbung. Eine voll funktionsfähige «DAG Counter Poaching Unit» kostet 38'000 US-Dollar im Monat.

Ein Schnäppchen, denn dafür bekommt der Kunde ein ganzes Feld-Team, zwei Geländewagen sowie einen Hubschrauber mit 20 und ein Kleinflugzeug mit 60 Flugstunden. Nur ein Schäferhund kostet extra.

Seit Anfang April sind nun die Spezialisten der Dyck Advisory Group in Nordost-Mosambik im Einsatz gegen die Terroristen des Islamistischen Staates. Mit Bodeneinheiten, aber auch mit Helikoptern, wovon einer gemäss Medienberichten bereits abgeschossen wurde.

Hier, in der Provinz Cabo Delgado, können jetzt die DAG-Boys gegen den mosambikanischen IS ihre Buscherfahrungen aus der Wildereibekämpfung einbringen. Statt Nashorn- und Elefantenwilderer jagen sie jetzt militante Islamisten.

NACHTRAG 15. Juni 2020: DAG verliert während eines Aufklärungsflugs bei Muidumbe ein Ultraleichtflugzeug des Typs Bat Hawk. Es stürzte in einen Wald. Der Pilot konnte schwer verletzt geborgen und in ein Spital gebracht werden. Nach dem mutmasslichen Abschuss eines Gazelle-Helikopters anfangs April durch Islamisten verliert DAG die zweite Flugmaschine.

Titelbild: Patrouille im Busch | © Foto by Dyck Advisory Group (DAG )

* * Dr. Rolf D. Baldus (*1949), früher Referatsleiter im deutschen Entwicklungshilfeministerium und Bundeskanzleramt in Bonn, hat 13 Jahre im Wildschutz in Tansania gearbeitet, davon 6 Jahre im Selous Game Reserve. Zusammen mit tansanischen und deutschen Kollegen entwickelte er einen Wildlife-Korridor zwischen dem Niassa-Wildreservat in Mosambik und dem Selous in Tansania. Im Gefolge schlossen die beiden Regierungen einen Staatsvertrag zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Naturschutz. Heute schreibt Baldus über Fragen des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung von Wildtieren.  Seine Website bietet eine umfassende Sammlung von Arbeiten und Dokumenten zu Ostafrika:  http://www.wildlife-baldus.com/selous_niassa.html und  http://www.wildlife-baldus.com/selous_game.html 

Nachtrag

Von Amnesty International, 2. März 2021 (Auszug)

Die Dyck Advisory Group

«Nachdem die Sicherheitskräfte der Regierung einige Niederlagen gegen al-Shabaab erlitten hatten, beauftragte die Regierung Mosambiks das private südafrikanische Militärunternehmen Dyck Advisory Group (DAG). Die Söldnertruppe sollte die Regierungskräfte mit ihren bewaffneten Helikoptern unterstützen.

Laut 53 der von Amnesty International befragten Zeug*innen feuerten Angehörige der DAG mit Maschinengewehren aus Helikoptern und warfen wahllos Handgranaten in Menschenmengen. Ausserdem nahmen sie wiederholt die zivile Infrastruktur unter Beschuss, so beispielsweise Spitäler, Schulen oder Wohnhäuser.

Während eines Angriffs auf die Stadt Mocímboa im Juni 2020 zerstörten Helikopter der DAG ein Spital, weil sich al-Shabaab-Kämpfer in der Einrichtung versteckt hielten.

«Die von Amnesty International gesammelten Zeugenaussagen offenbaren ein Muster von wiederholten rücksichtslosen Angriffen der Dyck Advisory Group», sagte Deprose Muchena.

«Die DAG hat klar gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen, indem sie wahllos in Menschenmengen gefeuert, zivile Infrastruktur zerstört und keinen Unterschied zwischen militärischen und zivilen Zielen gemacht hat.» Deprose Muchena, Direktor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika

Der Konflikt in Cabo Delgado

Die Provinz Cabo Delgado wird seit Jahren von der Regierung vernachlässigt. Dieses Problem hat sich durch Naturkatastrophen und mit der Ausbreitung von Covid-19 noch verschärft. Seit eines Angriffs von al-Shabaab im Oktober 2017 auf die nördliche Hafenstadt Mocímboa da Praia spitzen sich die Kämpfe immer weiter zu.

Die Nichtregierungsorganisation Armed Conflict Location and Event Data Project (ACLED) schätzt die Zahl der zivilen Todesopfer, die der Konflikt bisher gefordert hat, auf über 1300 Personen. Einer Schätzung der Vereinten Nationen zufolge sind mehr als 530'000 Menschen innerhalb von Cabo Delgado vertrieben worden – das ist ein Viertel der Gesamtbevölkerung der Provinz. Laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) sind rund 250'000 der Vertriebenen Kinder. AI


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